Troost/Grams: Kreistag muss sich Entscheidungskompetenz zurückholen
„Für Zuschauen und Abwarten haben uns die Bürgerinnen und Bürger nicht gewählt! Das passt auch nicht zum Selbstverständnis eines Kreistagsmitglieds,“ kritisiert der FDP-Fraktionsvorsitzende im Kreistag Hans-Willy Troost die derzeitige Situation. Der seit November geltende Beschluss sieht vor, dass die Delegation automatisch verlängert wird, wenn der Landtag die sogenannte pandemische Lage ausruft. „Seit Monaten befindet sich die Kreispolitik überwiegend in einer Zuschauerrolle. Es ist nicht absehbar, wann der Landtag diesen Beschluss aufhebt. So lange können wir nicht den Kreistag stilllegen,“ erklärt Troost. Dabei ist es grundgesetzlich garantiert, dass die Kommunalpolitik alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze selbst regeln kann.
Der FDP-Kreisvorsitzende Felix Grams nimmt Bezug auf die Kritik des Landrats an den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Dieses würde alle Kreise und Städte, ungeachtet der lokalen Voraussetzungen, über einen Kamm scheren[1]. „Die Kritik des Landrats teile ich. Ich bewerte diese Aussagen auch als Unterstützung unserer Forderung, wieder auf Grundlage des tatsächlichen Infektionsgeschehens vor Ort entscheiden zu können, ob wir Sitzungen durchführen. Gerade in so herausfordernden Zeiten muss die Politik Handlungsfähigkeit zeigen und mit gutem Beispiel vorangehen. Abstandsregeln, Desinfektion, Masken, Lüftungsanlagen und Schnelltests können für einen sicheren Ablauf sorgen.“
Selbst in großen Städten wie Mönchengladbach oder Duisburg tagt der Rat weiter, viele Ausschüsse finden aber auch in Städten im Kreis Viersen statt, z.B. in Kempen.
Zum Vergleich: Der Rat der Stadt Duisburg tagte mit 103 Personen z.B. in der Mercatorhalle. Auch der Kreistag oder seine Fachausschüsse könnten vorübergehend andere Räumlichkeiten beziehen.
„Durch das überwiegende Ausbleiben der Sitzungen von Fachausschüssen im Kreis Viersen fehlen die fachlichen Expertisen, die aus der Bevölkerung gerade durch sachkundige Bürger eingebracht werden“, erklärt Troost.
Die Liberalen fordern daher, die Delegation auf den Kreisausschuss aufzuheben. Die Politik müsse in Abstimmungen zwischen den Fraktionen und dem Landrat selbst auf Grundlage des konkreten lokalen bzw. regionalen Infektionsgeschehens im Einzelfall über das Durchführen von Sitzungen entscheiden. Neben den Möglichkeiten von Schnelltests, der Nutzung anderer Räumlichkeiten verweisen die Liberalen auch auf die Möglichkeit und durch Pairing-Abkommen, wie sie z.B. in Mönchengladbach zum Einsatz kommen, die Ausschüsse in einer kleinen Größe beschlussfähig und in Präsenz tagen zu lassen.
[1] https://rp-online.de/nrw/staedte/kempen/kreis-viersen-landrat-coenen-kritisiert-neues-infektionsschutzgesetz_aid-57386439